Eine Untersuchung der
Kapitalstrukturen in kleinen und mittleren
Unternehmen in der Schweiz
Gruppenarbeit im Studiengang Master of Advanced Studies Corporate
Finance CFO6, eingereicht an der Fachhochschule Nordwestschweiz, Institut
für Finanzmanagement
Im Auftrag der
Fachhochschule Nordwestschweiz Institut für Finanzmanagement
Stahlrein 2
5200 Brugg-Windisch
Betreuender Dozent Dr. Enzo Mondello
Eingereicht von
Antonio Di Leonardo Oliver von Hettlingen Mohamed Zelfani Roman
Ziegler
Inhaltsverzeich nis
Vorwort 4
Management Summary 5
1. Einführung 6
1.1. Ziel der Arbeit 6
1.2. Abgrenzung 6
1.3. Methodik und Vorgehensweise 6
2. Theoretischer Überblick 8
2.1. Definitionen 8
2.2. Theoretische Ansätze der Kapitalstruktur 8
2.3. Die bedeutendsten Theorien zur Kapitalstruktur 9
2.3.1. Pecking Order Theorie 10
2.3.2. Trade-off Theorie 11
2.3.3. Opportunitätenfenster-Theorie
(Windows-of-Opportunity) 11
2.3.4. Market-Timing«-Ansatz 12
2.3.5. Signaling«-Theorie 13
2.4. Empirische Untersuchungen 13
2.4.1. Internationale Untersuchungen 14
2.4.2. Untersuchungen in der Schweiz 15
2.5. U nternehmerische Berechnungsmodelle 16
2.5.1. Cost of Capital Approach 17
2.5.2. Operating Income Approach 17
2.5.3. Adjusted Present Value 18
2.5.4. Return Differential 18
2.5.5. Comparative Analysis 19
2.5.6. Debt Capacity 19
2.5.7. Rating 20
3.
3.1. 3.2. 3.3.
|
Unternehmensbefragung
Fragebogen
Stichprobe
Angaben zu den befragten Unternehmen
|
22 22 22 24
|
4.
|
Ergebnisse
|
26
|
4.1.
|
Kapitalstruktur in Schweizer Unternehmen
|
26
|
4.2.
|
Bestimmungsmethoden
|
30
|
4.3.
|
Bestimmungsfaktoren der Kapitalstruktur
|
31
|
5.
|
Konklusion
|
35
|
6.
|
Literaturverzeichnis
|
37
|
7.
|
Anhang
|
39
|
7.1.
|
Auswertung der Unternehmensbefragung
|
39
|
7.2.
|
Fragebogen
|
43
|
Vorwort
Zur Erfüllung ihrer realwirtschaftlichen Aufgaben
brauchen Unternehmen finanzielle Mit- tel, die ihnen in Form von Eigen- und
Fremdkapital zur Verfügung gestellt werden. Liquidität ist die
elementare Voraussetzung, um den operativen Betrieb gewährleisten zu
können. Die Unternehmen als Kapitalnehmer streben nach Wertschöpfung,
indem sie Projekte durchführen, die mindestens die Kosten des Kapitals
erwirtschaften. Um diesen Kapitalbedarf zu decken braucht es
Finanzierungsentscheidungen, die nicht nur eine strategische Bedeutung wie die
Sicherung von Potentialen und erweiterten Spielräumen für die
zukünftige Unternehmensentwicklung haben, sondern auch im Hinblick auf die
Optimierung der Kapitalstruktur getroffen werden müssen.
Finanzierungsentscheidungen haben unweigerlich sowohl direkte Auswirkungen auf
die Kapitalkosten als auch auf den Marktwert des Unternehmens.
Während des ersten Jahres unseres Nachdiplomstudiums
konnten wir uns ausführlich mit der Thematik der optimalen Kapitalstruktur
auseinandersetzen. Verschiedene theoretische aber auch praktische Ansätze,
die wir im ersten Teil dieser Semesterarbeit detaillierter aufzeigen werden,
erlaubten uns optimale Zielkapitalstrukturen von Unternehmen
unterschiedlichster Branchen zu ermitteln und die daraus folgenden
Schwierigkeiten und Problemstellungen zu diskutieren und zu analysieren. Der
Brückenschlag zwischen wissenschaftlicher Theorie und unternehmerischer
Praxis konnte mit den behandelten Fallstudien rundum hergestellt werden.
Im Rahmen der zweiten Gruppenarbeit präsentierte der
Referent Dr. Enzo Mondello eine zur optimalen Kapitalstruktur interessante
Aufgabenstellung. Optimale Kapitalstruktur in der Praxis - eine empirische
Untersuchung«. Für uns war klar, dass dieses Thema eine willkommene
Ergänzung und Fortführung des Erlernten darstellte. Eine empirische
Untersuchung der behandelten Materie rundet das Modul Kapitalstruktur- und
Dividendenpolitik wunderbar ab.
Management Summary
Mit unserer Fragebogenuntersuchung haben wir in gewisser Weise
Neuland betreten. Für grössere, börsenkotierte Unternehmen sind
international und schweizweit eine Vielzahl von empirischen Studien zum Thema
der optimalen Kapitalstruktur verfasst worden. Hingegen ist für das
Schweizer Rückgrat der Wirtschaft, die KMU's, die Frage zur optimalen
Kapitalstruktur noch wenig erforscht worden. Obschon die Unternehmensstichprobe
nicht als repräsentativ eingestuft werden kann, zeigt die Auswertung der
eingegangenen Anworten interessante Aspekte und teilweise bemerkenswerte
Erkenntnisse bei der Entscheidfindung der Finanzierungsstruktur. Die in dieser
Arbeit durchgeführte empirische Untersuchung zur Umsetzung der
entwickelten Modellierung richtet sich hauptsächlich an kleine und
mittelständische, nicht börsenkotierte Schweizer Unternehmen mit bis
500 Mitarbeitern aus verschiedenen Branchen.
Die Antworten können als zuverlässig eingestuft
werden, da mehrheitlich die Entscheidungsträger im Unternehmen
(Eigentümer/CEO und CFO) an der Befragung teilgenommen haben.
Erwartungsgemäss haben nur die Hälfte der befragten Unternehmen eine
Zielkapitalstruktur definiert. Als Begründung kann die fehlende
Notwendigkeit bei kleineren Unternehmen den Wert zu maximieren angeführt
werden. Nicht erstaunlich ist die Tatsache, dass bei den Befragten Anleihen und
Hybride Finanzierungen kaum Anwendung finden. Das Ergebnis der Befragung zeigt
ebenfalls, dass die optimale Kapitalstruktur am häufigsten mit der Trade
Off« gefolgt von der Cost of Capital« Methode bestimmt wird und
weniger aufgrund bestehender Informationsasymmetrien zwischen Management und
Investoren definiert wird. Bemerkenswert ist, dass vermeintlich für die
weniger kapitalintensiven Branchen wie Handel und Verkauf, die Kapitalstruktur
eine eher wichtige Rolle spielt.
Die Ergebnisse decken sich mit anderen Befragungen
bezüglich Faktoren die die Fremdkapitalaufnahme bestimmen. Bei einer
grossen Mehrheit (90%) der befragten Unternehmen besteht das Bedürfnis
nach finanzieller Flexibilität bei der Aufnahme von Fremdkapital. Die
Beibehaltung einer gewissen finanziellen Flexibilität und die Aussage dass
Fremdkapital grundsätzlich gemieden werden, bestätigen die relativ
tiefe Verschuldung der Stichprobe.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass nur die
Hälfte der befragten Finanzentscheider im KMU-Bereich über eine
Zielkapitalstruktur verfügen und da Fremdkapital mehrheitlich gemieden
wird demnach der Nutzen einer geringen Verschuldung höher gewichtet
wird.
1. Einführung 1.1. Ziel der Arbeit
Anhand einer Umfrage soll ermittelt werden, wie Unternehmen
bei der Zusammenstellung ihrer Kapitalstruktur vorgehen, welche
Bestimmungsmethoden angewendet werden und welche Faktoren Einfluss auf die
Kapitalstruktur ausüben. Die Studie richtet sich hauptsächlich an
mittelständische, nicht börsenkotierte Schweizer Unternehmen mit bis
zu 500 Mitarbeitern.
Die vorliegende Arbeit soll aufzeigen, wie sich die
Kapitalstrukturen in Schweizer Unternehmen zusammensetzen, mit Hilfe welcher
Methoden die Zielkapitalstrukturen ermittelt werden und welche Wichtigkeiten
grundsätzlich der Rolle der Kapitalstruktur beigemessen werden.
1.2. Abgrenzung
Die Umfrage beschränkt sich bewusst auf kleinere und
mittlere Schweizer Unternehmen mit bis 500 Mitarbeitern die nicht
börsenkotiert sind. KMU bilden das Rückgrat der Schweizer
Volkswirtschaft. Dieser interessante Punkt hat uns dazu bewogen, eine Aussage
über diese Gruppe von Arbeitgebern zu erarbeiten. Der spezialisierte
Informationsservice bezüglich Kennzahlen (Datastream, Bloomberg etc.), wie
er bei börsenkotierten Gesellschaften eingesetzt wird, kommt bei den
untersuchten Unternehmen nicht in dieser Form zum Einsatz. Diese Besonderheit
betrachten wir als eine zusätzliche Herausforderung, da sich diese
Kennzahlen bei weitem nicht so einfach ermitteln las- sen. Die Melde- und
Reportingpflicht von börsenkotierten Gesellschaften ist höher als bei
nicht-kotierten, was bedeutet, dass die Finanzabteilungen stärker
gewichtet sind als bei KMU.
Der Fragebogen deckt die gängigsten Verfahren zu
Berechnung der optimalen Kapitalstrukturen ab. Diese Verfahren sind nicht als
abschliessend zu betrachten.
1.3. Methodik und Vorgehensweise
Die vorliegende Arbeit ist in zwei Teile gegliedert. Im ersten
Abschnitt werden die verschiedenen theoretischen Ansätze zur
Erklärung der Finanzierungsentscheidungen in Unternehmen diskutiert. Das
eigentliche Kernstück bildet der zweite Teil der Arbeit mit der Auswertung
der Unternehmensbefragung und den entsprechenden Schlussfolgerungen.
Die Ausarbeitung des Fragebogens führte innerhalb des
Projektteams zu heftigen Diskussionen. Um einen möglichst hohen
Rücklauf zu erzielen, sollte das Ausfüllen des Fragebogens nicht mehr
als 8 Minuten beanspruchen. So mussten wir uns bei der Erstellung der Umfrage
auf die wichtigsten Elemente beschränken ohne dabei das eigentliche Ziel
der Arbeit zu verfehlen.
Ein weiteres Kriterium war die Anonymität der
Umfrageteilnehmer. Daten sollten absolut anonym und vertraulich behandelt
werden, um eine möglichst grosse Anzahl von Umfrageteilnehmern zu
motivieren an der Befragung teilzunehmen. Rückschlüsse auf
Einzelantworten und Einzelfirmen sollten zu keinem Zeitpunkt möglich sein.
Mit Hilfe des Umfrage Tools von Unipark (siehe weiter unten) stellte die
Umsetzung dieser Anforderungen kein Problem dar.
Um die Chancen für eine möglichst hohe
Rücklaufquote zu steigern und demzufolge ein möglichst
repräsentatives Ergebnis erzielen zu können, wurde entschieden, die
Umfrage auf elektronischem Weg durchzuführen.
Mit Hilfe von Unipark wurde eine internetbasierte
Erhebungsmethode gefunden, die eine schnelle und kostengünstige
Studiendurchführung ermöglichte. Der Fragebogen konnte auf
komfortable Art und Weise mit einer bedienerfreundlichen
Benutzeroberfläche webbasiert verarbeitet werden.
Unipark ist ein Projekt der Globalpark AG. Seit 1999
entwickelt das Unternehmen Software für die Online-Forschung und ist durch
konsequente Orientierung an den Bedürfnissen methodisch anspruchsvoller
Kunden zum Marktführer im deutschsprachigen Raum geworden.1
Eine weitere grosse und, wie sich dann später
herausstellte, auch aufwendige Herausforderung war das Zusammentragen
elektronischer Adressdaten. Nach Möglichkeit sollten E-Mails
persönlich an Mitglieder der Geschäftsleitung oder an Fachleute aus
dem Finanz- und Rechnungswesen adressiert werden. Der Versand von E-Mails an
info-atAdressen« sollte nur dort Anwendung finden, wo keine
Ansprechpersonen in den Finanzabteilungen ermittelt werden konnten. Die Chance,
dass die Ergebnisse der Umfrage breit gestützt und repräsentativ
werden, sollte durch diese Vorgehensweise erhöht werden.
Aus Gründen des Sprachflusses wurde bewusst bei allen
Schreibweisen nur die männliche Ausdrucksform gewählt. Es ist
selbstredend, dass damit beide Geschlechter angesprochen sind.
1 vgl. www.unipark.info/64-0-ber-unipark.htm
2. Theoretischer Überblick 2.1. Definitionen
Das Thema der Kapitalstruktur von Unternehmen beschäftigt
nebst dem Management von Unternehmen auch die Wirtschaftswissenschaft schon
seit geraumer Zeit. Die Frage, ob und wie sich Finanzierungsentscheidungen
eines Unternehmens auf dessen Unternehmenswert auswirken, ist mittlerweile seit
mehr als 50 Jahren Gegenstand der wissenschaftlichen Debatte. Bis heute bleibt
die Diskussion kontrovers. Auch empirische Untersuchungen konnten noch keinem
bestimmten theoretischen Modell zum Durchbruch verhelfen.
Unter optimaler Kapitalstruktur verstehen wir das
Verhältnis von Fremd- zu Eigenkapital, bei welchem - unter
Berücksichtigung von Einflussfaktoren wie Selbständigkeit, Sicherheit
und Flexibilität - die Kapitalkosten minimiert und somit der
Unternehmenswert maximiert werden.
2.2. Theoretische Ansätze der Kapitalstruktur
Seit den 1950er Jahren sind zahlreiche Publikationen zum Thema
Kapitalstruktur verfasst und publiziert worden. Die Moderne
Kapitalstrukturtheorie nahm ihren Anfang mit der grundlegenden Publikation von
Modigliani und Miller aus dem Jahre 1958. Die Autoren zeigten, dass in einer
reibungslosen Welt ohne Steuern, die Kapitalstruktur von Unternehmen den
Unternehmenswert nicht beeinflusst.2 Obwohl die Annahme einer
steuerfreien Welt nicht der Realität entspricht, diente das von den
Autoren entwickelte Modell als Ausgangspunkt für hunderte von
späteren Untersuchungen. Sobald aber Steuern im Modell mit einbezogen
werden, stehen der Unternehmenswert und die Kapitalstruktur in einer positiven
Beziehung.3 Mit den Jahren entstanden unterschiedliche theoretische
Ansätze, welche die Finanzierungsentscheidungen und somit die
Kapitalstruktur von Unternehmen zu erklären versuchten. Harris und Raviv
liefern in ihrer Publikation aus dem Jahre 1991 eine ausgezeichnete
Aufarbeitung der wissenschaftlichen Literatur über die Entstehung und
Entwicklung verschiedener Theorien der Kapitalstruktur.4
2 vgl. Modigliani und Miller (1958)
3 vgl. Modigliani und Miller (1961)
4 vgl. Harris und Raviv (1991)
Gemäss den Autoren lassen sich vier Hauptströme von
theoretischen Ansätzen bilden, welche die Bestimmungsfaktoren von
Finanzierungsentscheidungen in Unternehmen zu erklären
versuchen:5
1. Ein Theoriestamm versucht die Finanzierungsentscheidungen
mit der Agenturkosten-Argumentation (models based on agency costs«) zu
erklären. Dieser basiert auf der Annahme, dass die Kapitalstruktur durch
Kosten, die aus Interessenkonflikten zwischen Eigentümer und Management
oder Eigentümer und Fremdkapitalgeber entstehen, beeinflusst wird.
2. Ein zweiter Ansatz basiert auf der Annahme, dass zwischen
Insidern und Outsidern eine Informationsasymmetrie besteht (asymmetric
information«), welche die Kapitalstruktur der Unternehmen bestimmt. Zu
diesem Ansatz gehört die bekannte Pecking Order« Theorie (siehe
unten).6
3. Auf Produkt/Input Marktinteraktionen basierende Modelle
(models based on product/input market interactions«) untersuchen die
Verbindung zwischen der Kapitalstruktur von Unternehmen und entweder
Unternehmensstrategien oder Produktcharakteristiken und Eingängen
(inputs).
4. Auf Unternehmenskontrolle basierende Modelle (theories
driven by corporate control considerations«) sind als Folge steigender
Übernahmeaktivitäten während den 1980er Jahren entstanden. Diese
Modelle untersuchen die Verbindung zwischen Kapitalstruktur und der
Ausübung unternehmerischer Kontrolle mit dem Hintergedanken, dass
Eigenkapital im Gegensatz zu Fremdkapital mit Stimmrechten bestückt
ist.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass die meisten von den
zahlreichen Autoren untersuchten Theorien zur Kapitalstruktur von
komplementärer Natur sind. Durch empirische Untersuchungen konnte keine
einzelne Theorie weder vollends bestätigt noch widerlegt werden. Obwohl in
den untersuchten Publikationen zahlreiche Einflussfaktoren auf die
Kapitalstruktur untersucht werden, gilt nur eine verhältnismässig
kleine Anzahl von Faktoren als evident.
2.3. Die bedeutendsten Theorien zur Kapitalstruktur
Auf die einflussreichsten Theorien der Kapitalstruktur wird
nachfolgend speziell eingegangen.
5 Harris und Raviv (1 991)
6 Myers (1984)
2.3.1. Pecking Order« Theorie 7
Die Pecking Order« Theorie konzentriert sich auf die
Informationsasymmetrie die zwischen dem Management und den Investoren herrscht.
Manager wissen selbstverständlich mehr als Investoren über dem
tatsächlichen Befinden des Unternehmens. Das führt dazu, dass Manager
bei der Beschaffung von zusätzlichen Mitteln als Insider handeln. Die
Annahmen begründen darauf, dass das Management im Interesse des
Unternehmens und der Altaktionäre die Finanzierungsform wählt.
Die Informationsasymmetrie beeinflusst die Wahl zwischen
interner und externer Finanzierung. Die Präferenz (Hackordnung) der
gewählten Finanzierungsart leitet sich ebenfalls aus der Grösse und
Profitabilität einer Gesellschaft ab. Die Pecking Order« Theorie
ordnet die Finanzierungsarten wie folgt:
1. Interne Mittel aus operativer Tätigkeit
2. Anpassung der Dividenden-Payout-Ratio um
Investitionsopportunitäten auszunutzen
3. Verkauf von leicht veräusserbaren Assets«
4. Aufnahme von Fremdkapital, zuerst klassische
Darlehen/Obligationen, dann Hybride Bonds und als allerletztes Eigenkapital.
In erster Linie finanzieren sich Unternehmen aus dem
operativen Cash Flow und falls weiteres Kapital nötig ist, wird
Fremdkapital dem Eigenkapital bevorzugt. Die Emission neuer Aktien wird als
letzte Möglichkeit betrachtet und nur im Fall, wo die
Verschuldungskapazität ausgeschöpft ist, angewendet. Eine
Eigenkapitalaufnahme sendet negative Signale an die Investoren. Der
gewählte Zeitpunkt für die Ausgabe neuer Aktien wird von
Neuaktionären als Phase einer Unternehmensüberbewertung
interpretiert. Auf der anderen Seite ist die Beschaffung von Eigenkapital, bei
einer gemäss Management unterbewerteten Gesellschaft, finanziell n icht
interessant. Die I nformationsasymmetrie begünstigt also die
Fremdkapitalaufnahme vor der Emission von Aktienkapital. Denn sowohl Managers
wie auch Investoren handeln rational und Versuchen die Gedanken und Folgen der
anderen Partei zu antizipieren.
In der erwähnten Theorie gibt es nicht einen klar
definierten Kapitalmix. Die Vorteile von Fremdkapital (Tax Shield«) sind
sekundär. Vielmehr erklärt die Pecking Order« Theorie die
Beziehung zwischen Profitabilität und finanziellen Defizite der einzelnen
Unternehmen und stellt die Informationskosten in den Mittelpunkt.
7 vgl. Brealey R. & Myers (2000)
2.3.2. Trade-off« Theorie 8
Die Trade-off« Theorie beschreibt das Abwägen bei
Finanzierungsentscheidungen zwischen den Vor- und Nachteilen des Fremdkapitals
gegenüber dem Eigenkapital. Die optimale Kapitalstruktur ist dort
erreicht, wo der Steuervorteil einer Fremdfinanzierung gerade dem aufgrund der
Fremdkapitalerhöhung daraus erwachsenden Nachteil eines erhöhten
Insolvenzrisikos entspricht. Die Kosten-Nutzen-Abwägung einer Unternehmung
bei der Festlegung der Verschuldungsstrategie bildet die Basis dieses Modells.
Während der Nutzen einer Fremdkapitalaufnahme einfach nachweisbar ist,
Zinsen sind bei den zu versteuernden Unternehmensgewinnen absetzbar, ist das
Quantifizieren eines möglichen Konkurses schwieriger. Der Zusammenhang,
dass mit einer höheren Verschuldung die Insolvenzkosten steigen, kann zwar
aufgrund empirischer Studien erklärt werden, jedoch muss man sich bei der
Bestimmung der optimalen Kapitalstruktur der Wahrscheinlichkeit des
Wertverlustes im Falle der Insolvenz bedienen. Dabei wird zwischen direkten und
indirekten Kosten unterschieden. Die direkten Kosten sind beispielsweise
Prozesskosten die im Falle einer Liquidation anfallen, während indirekten
Kosten aufgrund Nachverhandlungen von Liefer- und Kreditverträgen oder
Reputationsverluste bei verschiedenen Interessensgruppen entstehen.
Die Ableitung der optimalen Kapitalstruktur ist eine simple
Funktion aus dem Trade-off« der aus der Fremdkapitalaufnahme
resultierenden Steuervorteils und der Kosten eines möglichen Konkurses,
jedoch erweist sich die Erhebung der dafür benötigten Daten alles
andere als einfach.
2.3.3. Opportu nitätenfenster-Theorie (Wi
ndows-of-Opportu nity«) 9
Die konventionellen Theorien zur Bestimmung der optimalen
Kapitalstruktur basieren auf Annahmen, die in der Realität nicht immer
gegeben sind. Die statische Betrachtungsweise bezüglich der
Kapitalstruktur eines Unternehmens ist die Hauptschwäche der klassischen
Modelle. Die neueren, dynamischen Theorien wie die
Opportunitätsfenster-Theorie berücksichtigen die
Veränderlichkeit der Kapitalstruktur über die Zeit und dass die
Märkte nicht vollkommen sind. Zeitliche Aspekte spielen eine entscheidende
Rolle an den Eigen- und Fremdkapitalmärkten, denn die Bedingungen
können an den Kapitalmärkten bei der Kapitalaufnahme variieren.
Aufgrund empirischer Untersuchungen kann belegt werden, dass
Kapitalmarktkonditionen bei der Analyse einer allfälligen Eigen- oder
Fremdkapitalemission in Abhängigkeit der zugrunde liegenden
Börsenbewertungen und makroökonomischen Bedingungen, insbesondere des
Zinsniveaus, im
8 vgl. Brigham E. F. & Houston ( 2007)
9 vgl. Herrmanns Julia ( 2006)
Mittelpunkt stehen. Dabei versucht das Management zeitweise
auftretende vorteilhafte Kapitalmarkt- und Bewertungsphasen aufgrund des
Informationsvorsprungs über den tatsächlichen Unternehmenswert,
gegenüber Investoren auszunutzen. Im Wesentlichen wird in
Niedrigzinsphasen vorrangig Fremdkapital aufgenommen und in Phasen hoher
Kurswertschätzungen werden vorrangig Eigenkapitaltitel emittiert. Das
Ausnutzen besonderer Zeitfenster wird bei der Ermittlung der langfristigen
Performance eine hohe Bedeutung zugemessen. Eine Vielzahl von Studien haben
gezeigt, dass bei börsennotierten Unternehmen in einer Boomphase
durchgeführte Transaktionen die Renditeentwicklung im Vergleich
unterdurchschnittlich ausfiel. Die "Gelegenheitsfenster"-Theorie erklärt
das Phänomen der asymmetrisch verteilten Informationen zwischen Investoren
und dem Unternehmen. Dass zum Teil irrationale Erwartungen der Marktteilnehmer
zu einer Überbewertung führen können, was vom Management zum
eigenen Vorteil genutzt wird, begründen Abweichungen der
Zielkapitalstruktur. Das Klima an den Kapitalmärkten kann folglich die
"Finanzierungsbedürfnisse" eines Unternehmens wesentlich bestimmen.
2.3.4. Market-Timing«-Ansatz 10
Dieser Ansatz versucht zu erklären weshalb manch
Unternehmen glaubt, dass die Zeitpunktwahl bei der Emission von Aktien eine
fundamentale Rolle spielt. Die erfolgreiche Emission wird primär von der
Marktentwicklung geprägt und dementsprechend wählt das Management bei
Kapitalbedarf das jeweils günstigste Finanzierungsinstrument für die
bestehenden Aktionäre. Studien belegen, dass die Emissionstätigkeit
in Phasen von Börsenhaussen auffälliger ist, als in Zeiten in der
gerade Bärenstimmung herrscht. Ferner bestätigt das Management bei
anonymen Untersuchungen, dass die Marktbewertung ein entscheidender Faktor bei
der Wahl der Finanzierungsform ist. Damit bestätigt das Management, dass
eine gewisse Informationsasymmetrie zwischen Investoren und
Geschäftsleitung besteht und dass die Märkte tatsächlich
ineffizient sind. Folglich wird die optimale Kapitalstruktur vielmehr von der
Kumulation vergangener Versuche Fehlbewertungen auszunutzen beeinflusst, als
aufgrund mathematischer Herleitungen die Kapitalkostenersparn isse zu
berücksichtigen.
Der Market-Timing« Ansatz scheint ein einfacher aber
wichtiger Aspekt bei der Entscheidungsfindung der realen Finanzpolitik eines
Unternehmens zu sein.
10 vgl. Baker M. & Wurgler J. ( 2001)
2.3.5. Signaling«-Theorie 11
Gemäss dem Modigliani-Miller-Ansatz sind sowohl
Investoren wie auch das Management gleichermassen gut informiert über die
Zukunftsaussichten einer Firma (symmetrische Information). In Wahrheit hat das
Management eine bessere Informationsgrundlage als externe Investoren. Dieser
Informationsvorsprung nennt man in der Wirtschafswissenschaft "asymmetrische
Information" und hat einen bedeutenden Einfluss auf die optimale
Kapitalstruktur.
Erwartet das Management eine günstige Kursentwicklung
aufgrund einer Profitabilitätssteigerung, ist es eher geneigt neues
Fremdkapital aufzunehmen statt neue Aktien auszugeben, um einen späteren
Kursanstieg nicht mit neuen Shareholders teilen zu müssen. Im
Entgegengesetzten Fall, wo die Geschäftsleitung die Ertragsentwicklung
negativ einstuft und um die Erfolgsrechnung nicht noch zusätzlich mit
fixen Finanzierungskosten belasten zu müssen, würde das Management
viel lieber neue Aktien emittieren.
Abschliessend kann man sagen, dass die Aufnahme von
Fremdkapital von den Investoren oft als Signal für eine positive
Ertragsentwicklung interpretiert wird. Empirische Studien bestätigen, dass
bei Bekanntgabe einer Kapitalerhöhung, die Aktien häufig an Wert
einbüssen. Die Wahl der Finanzierungsform durch das Management hat somit
ein Signal-Effekt auf die Investoren. Dies bedeutet, dass Firmen in unsicheren
Zeiten eine gewisse Verschuldungskapazität halten müssen, um
Investitionsopportunitäten nicht zu verpassen. Auch im Fall einer nicht
optimalen Kapitalstruktur, sollten demnach Unternehmen in guten Zeiten eher
Eigenkapital verwenden.
2.4. Empirische Untersuchungen
Verglichen mit der umfangreichen wissenschaftlichen Literatur
über die verschiedenen theoretischen Ansätze der Kapitalstruktur,
wurden diese Modelle ebenso umfangreich empirisch getestet. Die meisten
Publikationen basieren jedoch auf Daten von kotierten G rossu nternehmen.
Für die Literaturaufbereitu ng konnte keine wissenschaftliche Studie
gefunden werden, welche mittelständische nicht-kotierte Unternehmen mit
einbezieht. Nachfolgend eine Zusammenstellung der für diese Arbeit am
relevantesten Publikationen.
11 vgl. Brigham E. F. & Houston J. F ( 2007)
2.4.1. Internationale Untersuchungen
Die meisten empirischen Untersuchungen der Determinanten der
Kapitalstruktur von Unternehmen wurden in einem angelsächsischen Umfeld
ausgeführt. Zwei Publikationen, Titman und Wessels mit US-amerikanischen
Daten und Rajan und Zingales mit internationalen Daten der G7 Ländern,
dokumentierten, dass die Kapitalstruktur mit firmenspezifischen Eigenschaften
wie Profitabilität, I nvestitionsmöglichkeiten, das Verhältnis
von Sachanlagen zu Total Aktiven (tangibility«) sowie die Volatilität
der Einkünfte in Beziehung steht.12 Jedoch sind die Ergebnisse
im Ländervergleich sehr unterschiedlich und die Korrelationen der
untersuchten Einflussfaktoren können stark variieren. Die statischen
Kapitalstrukturmodelle vermögen die dynamischen Anpassungen der
Kapitalstruktur von Unternehmen nur begrenzt zu erklären.
In einer aktuellen Befragung von amerikanischen Firmen,
konnten die Autoren Graham und Harvey sehr wohl feststellen, dass Unternehmen
eine Zielkapitalstruktur verfolgen. Dieses Ergebnis wäre in Einklang mit
der statischen Trade-off«-Theorie. Jedoch aufgrund von zufälligen
Ereignissen oder anderen Veränderungen weichen die Unternehmen
vorübergehend von der Zielkapitalstruktur ab und nähern sich nur
schrittweise wieder dieser an.13 Bancel und Mittoo bedienten sich
der gleichen Methodik und haben die Bestimmungsfaktoren der Kapitalstruktur von
europäischen Unternehmen untersucht.14 Die Autoren befragten
die Finanzchefs von über 700 börsenkotierter europäischen
Unternehmen aus 17 Ländern mittels standardisiertem Fragebogen. Die
Autoren kamen zu vergleichbaren Ergebnissen wie ihre amerikanischen Kollegen.
Als einflussreichsten Bestimmungsfaktor der Kapitalstruktur eruierten sie die
finanzielle Flexibilität. Dieses Ergebnis ist in Einklang mit der im
vorangehenden Abschnitt beschriebenen Opportunitätenfenster-Theorie.
Weiter haben die Autoren festgestellt, dass die Auswirkungen von
Finanzierungsentscheidungen auf die Jahresrechnung ebenfalls einen starken
Einfluss ausüben. Das Management ist besorgt über eine
Verwässerung des Gewinnanteils pro Aktie (EPS). Ebenso wurden das
Kreditrating und die Zielkaptialstruktur als wichtig genannt. Auch wichtig,
aber mit deutlich weniger Einfluss auf die Kapitalstruktur wurde der gewichtete
Kapitalkostensatz (WACC) und der Steuervorteil von Fremdkapital genannt.
Interessanterweise scheinen sich Manager eher an externen Faktoren zu
orientieren.
12 vgl. Titman und Wessels (1988) / Rajan und Zingales (1995)
13 vgl. Graham und Harvey (2001)
14 vgl. Bancel und Mittoo (2004)
Zu einem ähnlichen Schluss mittels vergleichbarer
Methodik kommen auch Drobetz, Pensa et al., welche die Determinanten der
Kapitalstruktur von deutschen, österreichischen und schweizerischen
Unternehmen untersuchten .15
2.4.2. Untersuchungen in der Schweiz
Auch im schweizerischen Wirtschaftsraum wurden einige Studien
zur Kapitalstruktur von börsenkotierten Unternehmen durchgeführt.
Verglichen aber mit der umfangreichen Sammlung von Publikationen im
angelsächsischen Raum besteht für die Schweiz Nachholbedarf. Einige
internationale Studien, beispielsweise die von Rajan und Zingales, deuten
jedoch an, dass auch für andere bankenorientierte Nationen vergleichbare
Determinanten der Kapitalstruktur wie in den Vereinigten Staaten gelten
sollten.16 17
In einer Publikation aus dem Jahre 2005 untersuchten Gaud,
Jani et al., die Determinanten der Kapitalstruktur von 104 kotierten Schweizer
Unternehmen. Die Autoren ka- men zum Schluss, dass die Unternehmensgrösse
sowie der Anteil von Sachanlagen positiv, Wachstum und Profitabilität
negativ mit dem Fremdfinanzierungsg rad korrelieren.18 Gemäss
dem verwendeten dynamischen Berechnungsmodell sollte eine Zielkaptalstruktur
existieren. Diese Ergebnisse sind in Einklang mit der Pecking
Order«-Theorie sowohl als auch mit der Trade-off« Theorie.
In einer späteren Studie konnten Drobetz und Fix die
Ergebnisse von Gaud, Jani et al. weiter präzisieren. Die Autoren kamen zum
Schluss, dass Unternehmen mit mehr Investitionsmöglichkeiten einen
tieferen Fremdfinanzierungsgrad aufweisen, was ebenfalls der Trade-off«-
sowie auch einer komplexeren Version der Pecking Order«-Theorie
entspricht. Der Trade-off«-Theorie widersprechend, verwenden profitablere
U nternehmen einen höheren Fremdfinanzierungsgrad. Die Autoren stellen
ebenfalls fest, dass die Kapitalstruktur eng mit dem Anteil Sachanlagen und der
Volatilität der Einkünfte korreliert.19
Über Finanzierungsentscheidungen von kleinen und
mittelständischen Unternehmen in der Schweiz ist generell wenig
bekannt. Als einzige uns bekannte Publikation mit Schweizer Unternehmen, in
der auch Daten von nicht kotierten Unternehmen in der
15 Drobetz, Pensa und Wöhle (2004)
16 Rajan und Zingales (2005)
17 Booth, Aivazian und Demirguc-Kunt (2001)
18 vgl. Gaud, Jani und Hoesli (2005)
19 Drobetz und Fix (2005)
Analyse mit eingeschlossen sind, ist die Unternehmensbefragung
der Beratungsgesellschaft KPMG aus dem Jahr 2008. KPMG befragte 250
Finanzverantwortliche zur Kapitalstruktur. Die Studie kam zum Schluss, dass 56%
der befragten Unternehmen eine Zielkapitalstruktur festgelegt haben. Als
wichtigsten Determinanten der Kapitalstruktu r wurde auch in dieser Studie die
finanzielle Flexibilität genannt. Andere strategische Finanzziele, wie der
Kapitalkostensatz (WACC) oder der Unternehmenswert, haben für die meisten
Unternehmen keine hohe Priorität.20
In einer derzeit laufenden Studie untersucht das Institut
für Finanzdienstleistungen Zug der Hochschule Luzern ebenfalls die
Kapitalstrukturentscheide von Schweizer KMU sowie deren
Optimierungsmöglichkeiten. Das Projekt wird von der Förderagentur
für Innovation (KTI) des Bundes finanziell unterstützt. Das Projekt
zielt darauf hinaus, ein Instrumentarium für KMU zur Optimierung der
Finanzierungsentscheide zu entwickeln. Projektstart war Ende 2005 und dauert
bis Frühjahr 20 10.21
2.5. Unternehmerische Berechnungsmodelle
Ziel jedes Unternehmens sollte die Maximierung des
Unternehmenswertes sein. Um dieses Ziel zu erreichen, können
unterschiedliche Wege gewählt werden. In erster Linie muss das Unternehmen
über ein Geschäftsmodell verfügen, welches mit den erzielten
Erträgen die gewünschte Entwicklung unterstützt wird. Ferner
muss sich die Geschäftsleitung Gedanken machen wie die Ressourcen
eingesetzt werden müssen, um die Wertsteigerung zu unterstützen.
Ebenfalls ist die Finanzierungsseite und dementsprechend die optimale
Zusammensetzung des Finanzkapitals ein wichtiger Faktor, wie der
Unternehmenswert weiter gesteigert werden kann. Zwar haben Modigliani-Miller
die These aufgestellt, dass die Kapitalstruktur für den Wert eines
Unternehmens irrelevant sei, jedoch gerade die unterstellten Annahmen der
Modigliani-Miller-These bekräftigen in der Praxis die Wertrelevanz der
Finanzierungsseite. Nachfolgend werden die üblicherweise angewendeten
Verfahren zur Ermittlung einer optimalen Kapitalstruktur erklärt. Dabei
wird das Augenmerk vor allem auf konventionelle Bewertungsmethoden und die in
der Praxis häufig verwendeten Verfahren gerichtet. Um den Rahmen dieser
Arbeit nicht zu sprengen, wird die Grundidee der verschiedenen Methoden
erläutert, für Formeln zur Berechnung der optimalen Kapitalstruktur
und dessen Herleitung verweisen wir auf die im Quellenverzeichnis
aufgeführten Literaturwerke.
20 KPMG AG (2008)
21
http://www.hslu.ch/ifz_forschungsprojekt_kapitalstrukturentscheide_kmu-2.pdf
2.5.1. Cost of Capital Approach«
22
Als Best Practice bei der Bestimmung des Unternehmenswertes
wird das DiscountedCash-Flow«-Verfahren (DCF) angewendet. Die wichtigsten
Input-Faktoren dieser Methode sind die zukünftigen Cash Flows und der
Zinssatz, mit welchem die Cash Flows abdiskontiert werden. Als
Diskontierungssatz wird der durch Fremdkapital (FK) und Eigenkapital (EK)
gewichtete, durchschnittliche Kapitalkostensatz, dem sogenannten Weighted
Average Cost of Capital« (WACC), verwendet. Beim Cost of Capital
Approach« werden die Fremd- und Eigenkapitalkosten aufgrund verschiedener
Finanzierungsverhältnisse geschätzt und den Vorteilhaftesten Mix von
Fremdkapital und Eigenkapital gesucht. Die gezielte
Kapitalstrukturveränderung führt dazu, dass der WACC minimiert und
dementsprechend der Unternehmenswert maximiert werden. Bei der Suche nach der
optimalen Kapitalstruktur müssen zunächst die Eigenkapital- und
Fremdkapitalkosten bekannt sein.
2.5.2. Operating Income Approach«
23
Die Kapitalstrukturpolitik kann ebenfalls von der Ertragslage
beeinflusst werden. Schliesslich beschränkt die Einkommenslage die
Höhe der tragbaren Verschuldung und inwiefern ein Unternehmen in der Lage
ist Fremdkapitalzahlungen zu leisten. Beim Operating Income Approach« wird
die Verschuldung durch die maximal akzeptable Ausfallwahrscheinlichkeit
bestimmt, die wiederum auf die Verteilung der Operating Income« (EBITDA)
basiert. Dabei wird angenommen, dass die jährliche Veränderung des
Operating Income« normalverteilt ist und darausfolgend die erwartete
Veränderung des Operating Income« und die Standardabweichung
berechnet werden können. Die Wahrscheinlichkeit Fremdkapitalzahlungen
nicht leisten zu können wird ausgehend von der Verteilung der Operating
Income« Veränderung geschätzt. Mittels Z-Wert (normalverteilte
Zufallsvariable) wird die Ausfallwahrscheinlichkeit bestimmt. Das Management
definiert einen Schwellenwert für die Wahrscheinlichkeit
Fremdkapitalzahlungen nicht leisten zu können. Der Level wird je nach
Risikoprofil festgelegt, das heisst, je konservativer die gewünschte
Finanzierungsstruktur ist, desto tiefer wird die Ausfallwahrscheinlichkeit
gesetzt. Die optimale Fremdkapitalaufnahme lässt sich aufgrund der
akzeptierten Fremdkapitalzahlung auflösen. Je höher die Verschuldung,
desto höher der Fremdkapitalzinssatz und desto tiefer der optimale
Verschuldungsgrad.
Problematisch bei der Umsetzung des Operating Income
Approaches« ist insbesondere die Annahme, dass die Veränderung des
Operating Incomes« normalverteilt ist. Zudem
22 vgl. Damodaran A. (2001)
23 vgl. Damodaran A. (2001)
sind bei Unternehmen mit volatilen Ergebnisse die
Schwellenwerte nicht einfach festzulegen. Schliesslich ist die Festsetzung der
Ausfallwahrscheinlichkeit durch das Management subjektiv und dient unter
Umständen nicht den Interessen der Stockholders, sondern den Belangen des
Managements.
2.5.3. Adjusted Present Value«
24
Die Adjusted Present Value« Methode (APV) ist sozusagen
eine Weiterentwicklung des WACC-Ansatzes zur Bestimmung des Unternehmenswertes.
Die APV-Methode teilt den Wert des Unternehmens in zwei Teile: Einer ist der
Wert bei der Annahme, dass kein Fremdkapital eingesetzt wird. Der zweite ist
der Mehrwert, der durch den Einsatz von Fremdkapital geschaffen wird. Beim
APV-Verfahren werden die operativen Cash Flows (vor Zinsen) mit den
Kapitalkosten eines vollständig eigenfinanziertes Unternehmens
abdiskontiert. Anschliessend werden die durch die Fremdfinanzierung ersparten
Steuerzahlungen mit den risikolosen Fremdkapitalkosten abdiskontiert. Der
Unternehmenswert entspricht dem Wert eines unverschuldeten Unternehmens und dem
Produkt der Steuerersparnis, welcher durch den Einsatz von Fremdkapital
entsteht. Der Investor kann aufgrund der Zerlegung in die einzelnen Komponenten
erkennen, ob die Wertbeiträge aus operativer Leistung oder aus
Steuerersparnisse resultieren, zum Beispiel auch Steuervorteilen durch den,
nach einem Unternehmenskauf geänderten Verschuldungsgrad. Die Mängel
der APV Methode liegt in der Feststellung der Eigenkapitalkosten eines fiktiv
rein eigenfinanzierten Unternehmens und in der Anpassungsbedürftigkeit der
Eigenkapitalkostenansätze im Zeitablauf.
Die APV-Methode ist genügend flexibel, um die
verschiedenen Arten von Finanzieru ngs-Arrangments abzudecken, wie
beispielsweise die jährlich ändernde Steuersätze oder
jährliches Steigen oder Fallen des Schuldbetrages.
2.5.4. Return Differential«
25
Die zwei Eingaben, die für die Annäherung des Return
Differential« Ansatzes gebraucht werden, sind der Return und die Kosten
des Eigenkapitals bei verschiedenen Verschuldungsquoten. Zur Berechnung der
Eigenkapitalrentabilität setzt man den Jahresüberschuss (nach
Steuern) eines Unternehmens ins Verhältnis zu dem zu Beginn der Periode
zur Verfügung stehenden Eigenkapitals.
Falls die Kapitalrendite grösser ist als die Leihkosten
nach Steuern, steigt die Eigenkapi- talrendite mit dem Anstieg des Leverage.
Dies ist der Vorteil der Verschuldung. Dieser
24 vgl. Ballwieser W. (2007)
25 vgl. Damodaran A. (2001)
Vorteil muss gegen das zusätzliche Risiko abgewogen
werden, mit welchem Eigenkapital-Investoren als Konsequenz der
zusätzlichen Verschuldung konfrontiert werden. Im CAPM kann dieses
zusätzliche Risiko gemessen werden, indem man das Beta der höheren
Schuldenquote adjustiert.
Die Differenz zwischen der Rendite und den Eigenkapitalkosten
kann als Funktion der Schuldenquote darstellen. Einfach ausgedrückt,
steigt die Eigenkapitalrendite bei höherer Verschuldung, und somit sollte
die Firma eher Fremd- als Eigenkapital einsetzen.
2.5.5. Comparative Analysis«
26
Die Comparative Analysis« wird häufig als
Bewertungsmethode herangezogen, weil die Vorgehensweise eine schnelle
Wertermittlung ermöglicht. Der Ansatz wird auch bei der Ermittlung der
Zielkapitalstruktur verwendet. Wie der Name andeutet, werden bei der
Comparative Analysis« vergleichbare Unternehmen zur Bestimmung der
optimalen Kapitalstruktur herangezogen und der durchschnittliche
Verschuldungsgrad (debt ratio«) als Vergleichsmass verwendet. Insbesondere
für Unternehmen, die keine marktgestützte Schätzung
ermöglichen, kann Mithilfe von Vergleichsunternehmen die angemessene
Kapitalstruktur ermittelt werden. Wichtig bei dieser Bewertungsmethode ist die
Bestimmung des Vergleichsobjektes (Target«). Dabei ist zu achten, dass das
Geschäftsmodell, die Industrie und die Lebensphase des zu bewertenden
Unternehmens und dasjenige des Targets« möglichst
übereinstimmen. Die Bestimmung von Vergleichsobjekte ist sehr
anspruchsvoll. Nachdem die bei erfolgreichen Firmen bestehende Kapitalstruktur
ermittelt wurde, kann es durchaus vorkommen, dass die angestrebte
Kapitalstruktur vom Vergleichsunternehmen abweicht. Die Abweichung kann
aufgrund einer unterschiedlichen Fremdfinanzierungspolitik entstehen. Die
Kenntnis der Finanzierungsphilosophie ist deshalb fundamental. Der Vergleich
wir zusätzlich erschwert, weil das Bilanzbild manipuliert werden kann.
2.5.6. Debt Capacity« 27
Einerseits kann die Kapitalstruktur aufgrund einer definierten
Zielkapitalstruktur bestimmt werden, andererseits wird in der Schweiz die
Verschuldungsfähigkeit eines Unternehmens durch die Banken mittels
Berechnung der Debt Capacity« (Finanzierungspotenzial) vorgegeben. Die
beiden Grossbanken und eine Vielzahl von Kantonal- und Regionalbanken ermitteln
bei jeder Anpassung des Kreditbedarfs das Finanzierungspotenzial.
26 Damodaran A.: ( 2001)
27
vgl.
www.ubs.com/1/ShowMedia/ubs_ch/kmu/outlook?contentId=36726&name=3.9.4_unternehmensmanagement.Referenz1.pdf
Nach den Richtlinien der UBS AG soll das
Finanzierungspotenzial aufzeigen, ob der Kreditnehmer über eine
ausreichende Verschuldungsfähigkeit verfügt. Ausreichende
Verschuldungsfähigkeit heisst, dass der Kreditnehmer in der Lage sein
wird, die künftigen Zinsen für den Kredit zu bezahlen und dass er den
ausstehenden Betrag zu einem späteren Zeitpunkt auch wieder
vollständig rückführen kann.
Der Ansatz zur Bestimmung der Debt Capacity« ist
vergleichbar mit der DCF-Methode im Zusammenhang mit der Unternehmensbewertung.
Beide Verfahren diskontieren den Free Cash Flow ab, um zum gewünschten
"Wert" zu gelangen. Der Free Cash Flow der UBS geht von einer nachhaltig
erzielbaren Ertragslage aus, berücksichtigt keine Veränderungen im
Umlaufvermögen und nur diejenigen Investitionen, die zur Aufrechterhaltung
der heutigen Infrastruktur und Leistungsfähigkeit notwendig sind. Der
nachhaltige Free Cash Flow sollte in den nächsten 3-5 Jahren erreicht
werden können. Er wird aufgrund der Erfahrungszahlen aus der Vergangenheit
und der Erwartung für die Zukunft festgelegt und soll eine von
Konjunkturschwankungen geglättete Grösse sein. Der Gegenwartswert der
Free Cash Flows wird mittels der kalkulatorischen Fremdkapitalkosten nach
Steuern (FK-Zinsen 6% - kalk. Tax 25% = 4.5%) unter Berücksichtigung der
Diskontierungsperiode (i.d.R. 7 Jahre) berechnet und ergibt somit das maximale
betriebliche Finanzierungspotenzial. In der Praxis werden die zukünftige
jährliche (und gleich bleibende) FCF mit dem Barwertfaktor (~5.893)
multipliziert und ergeben somit den Barwert, was der Debt Capacity«
entspricht.
2.5.7. Rating
Heutzutage spielen Ratings eine wichtige Rolle am
Kapitalmarkt. Zwar wurden in letzter Zeit die Ratingagenturen harsch kritisiert
und die Aussagekraft der Ratings mit einer gewissen Skepsis betrachtet,
trotzdem bietet sich für manch Investor noch keine valable Alternative bei
der Beurteilung der Kreditfähigkeit und Kreditwürdigkeit eines
Unternehmens an. Wobei das Rating nicht nur als Gütezeichen für die
Bonität eines Unternehmens dient, sondern immer häufiger auch bei
Kreditverträgen als Zusatzbedingung (Covenant) zur Aufrechterhaltung der
Kreditfazilitäten verlangt wird. Beispielsweise muss ein Unternehmen ein
minimales Rating aufweisen, damit der Kredit nicht zur Rückzahlung
fällig wird.
Der Prozess der hinter der Ermittlung des Ratings steht,
variiert von Ratingagentur zu Ratingagentur, und auch Banken haben eigene
Bewertungsverfahren entwickelt. Jedoch ist bei allen Ratinganbieter das Ziel,
die langfristige Zahlungsfähigkeit eines Schuldners zu bestimmen. Eine
weitere Gemeinsamkeit sind die zugrunde gelegten Faktoren für die
Berechnung des Ratings. Sämtliche Ratinganbieter basieren
hauptsächlich auf die Verschuldungshöhe und dem Zinsdeckungsgrad.
Anhand dieser Fakto-
ren kann beispielsweise bei Standard & Poor's (S&P)
ein approximatives Rating bestimmt werden.28
Selbstverständlich ist die Beurteilung der finanziellen
Risiken nicht auf einzelne quantitative Faktoren beschränkt, nebst anderen
Kennzahlen werden ausserdem qualitative Faktoren beigezogen. Jedoch sind die
Kapitalstruktur und der Leverage eines Unternehmens direkt oder indirekt
verantwortlich für die Ratingausprägung. Ferner kann auch die
Unternehmensleitung ein Zielrating definieren, was als Grundlage für eine
bestimmte Kapitalstruktur herangezogen wird.
28 vgl. Standard & Poor's: 27. May 2009
3. Unternehmensbefragung 3.1. Fragebogen
Der Fragebogen geht im ersten Teil auf die Fragestellung ein,
ob Unternehmen eine Zielkapitalstruktur besitzen und wie diese bestimmt wird.
Der zweite Teil befasst sich mit den Determinanten, welche die
Finanzierungsentscheidungen beeinflussen. Für diesen Teil wurden, in
Anlehnung an Graham und Harvey, Einflussfaktoren der Kapitalstruktur definiert
und den Gegebenheiten von mittelständischen Schweizer Unternehmen
angepasst.29
3.2. Stichprobe
Die Befragung war vom 22. Juni 2009 bis zum 31. August 2009
während 11 Wochen online zugänglich. Während dieser Zeit wurden
über unterschiedliche Kanäle Unternehmen angeschrieben. Die ersten
Mailings mit Adressdaten der Online-Plattformen
kmuportal.ch erwiesen sich als wenig
erfolgreich, da die Finanzverantwortlichen der Unternehmen nicht direkt
kontaktiert werden konnten, sondern das Mailing an eine zentrale E-Mail-Adresse
gesendet werden musste. Einen deutlich besseren Rücklauf konnte über
folgende Kanäle erzielt werden: Einerseits wurden die Abgänger der
vergangenen Studiengänge MAS Corporate Finance eins bis fünf
kontaktiert, welche zahlreich an der Befragung teilnahmen. Anderseits durften
geschäftliche Adressdaten von vergangenen FHNW-Anlässen und Tagungen
rund um die Thematik Accounting / Controlling / Finance verwendet werden, was
ebenfalls zu einer guten Rücklaufquote führte. Im Monat August war
zusätzlich auf der Internetseite der Schweizerischen Kaderorganisation SKO
ein Link zur Befragung aufgeschaltet und welcher zudem in einem separaten
Informationsmailing an alle Mitglieder der Organisation versendet wurde.
Dadurch konnte ein zusätzlicher Rücklauf generiert werden, der jedoch
nicht vergleichbar mit der direkten Anschrift von Finanzverantwortlichen
war.
Die Befragung richtete sich primär an alle
mittelständischen Schweizer Unternehmen aus allen Branchen mit Ausnahme
von Banken und sozialen Institutionen. Als Zielgruppe wurden Unternehmen mit
einer Mitarbeiteranzahl bis 500 definiert. Unternehmen mit einer höheren
Mitarbeiteranzahl wurden in der Stichprobe belassen, um repräsentativere
Aussagen erzielen zu können.
29 Graham und Harvey (2001)
Insgesamt wurde die Befragung 206 Mal geöffnet. Davon
haben 146 Teilnehmer (Nettostichprobe) mit der Befragung angefangen und 89
Teilnehmer haben diese auch beendet. Die in der Nettostichprobe enthaltenen 146
Datensätze wurden wie folgt bereinigt: alle Datensätze, welche in
weniger als 2 Minuten und/oder mehr als 70% des Fragebogens nicht beantwortet
wurden, wurden aus der Stichprobe entfernt (57 Datensätze). Übrig
blieb ein Total von 89 Datensätzen, welche für die Auswertung
verwendet werden konnten. Daraus ergibt sich eine Rücklaufquote von rund
14%, was im Rahmen von vergleichbaren Studien liegt.30 Tabelle 1
fasst die Stichprobenbeschreibung zusammen.
Tabelle 1: Stichprobenbeschreibung
|
|
|
Grundgesamtheit (Umfragelink versendet)
|
617
|
|
Davon:
|
|
|
o KMU-Portal
|
250
|
|
o MAS CFO 1 - 5
|
74
|
|
o Datenbank FHNW
|
293
|
|
o Schweizerische Kaderorganisation SKO*
|
-
|
|
Umfragelink geöffnet
|
206
|
33%
|
Umfrage gestartet (Nettostichprobe)
|
146
|
23%
|
Bereinigte Nettostichprobe /
Rücklaufquote
|
89
|
14%
|
* In der Berechnung der Rücklaufquote nicht
berücksichtigt. Das Mailing der Schweizerischen Kaderorganisation wurde an
ca. 8`500 Mitglieder versendet. Zudem war der Befragungslink während eines
Monats auf der Internetseite
http://www.sko.ch aufgeschaltet.
Im Fragebogen wurden keine Pflichtfragen verwendet. Jeder
Teilnehmer konnte selber entscheiden, ob er die Frage beantworten möchte
oder nicht. Deshalb kann die Stichprobengrösse von Frage zu Frage
unterschiedlich sein.
Aufgrund der relativ kleinen Stichprobe ist die Befragung
statistisch nicht signifikant und nur begrenzt repräsentativ. Die
statistische Verteilung der befragten Unternehmen bezüglich Grösse
und Industriezugehörigkeit entsprechen nicht der KMUGrundgesamtheit.
Trotzdem ermöglichen die empirischen Befunde einen ersten Einblick in die
vorherrschenden Sichtweisen und Zusammenhänge bezüglich
Finanzierungsentscheidungen und Kapitalstrukturpolitik in der Schweizer
Unternehmenslandschaft.
30 Bei Bancel und Mittoo (2004)
3.3. Angaben zu den befragten Unternehmen
Erfreulicherweise konnte mit dem Mailing ein hoher Anteil von
Führungskräften und Entscheidungsträgern erreicht werden - also
jene Personen, die aus erster Hand über die Finanzierungsentscheide im
Unternehmen Auskunft geben können. Von den 89 Befragungsteilnehmern sind
69 (78%) Eigentümer des Unternehmens oder gehören der
Führungsspitze an (Anhang Abbildung 1). Dies sollte als Indikator gelten,
dass die Daten in unserer Stichprobe relevant sind. Die Befragungsteilnehmer
werden als Repräsentanten ihrer Unternehmen betrachtet.
Von den 89 ausgewerteten Unternehmen haben 83% die Rechtsform
einer Aktiengesellschaft, wovon 7% an einer Börse kotiert sind. 6% der
beteiligten Unternehmen ha- ben die Rechtsform einer Gesellschaft mit
beschränkter Haftung (Anhang Abbildung 2). 81% der befragten Unternehmen
beschäftigten bis zu 500 Mitarbeiter. Die grösste Gruppe bilden
Unternehmen mit 100 bis 249 Mitarbeitern (30%). 14% beschäftigen mehr als
500 Mitarbeiter. Nur 7% der Unternehmen beschäftigen zwischen 250 und 500
Mitarbeiter. Diese Gruppe ist in dieser Befragung deutlich untervertreten
(Anhang Abbildung 3). Mehr als die Hälfte (62%) der befragten Unternehmen
generierten im Geschäftsjahr 2008 einen Umsatz unter CHF 50 Millionen. 25%
der Unternehmen wiesen einen Umsatz über CHF 100 Millionen aus (Abbildung
1).
Abbildung 1: Unternehmensgrösse (Umsatz) Abbildung
2: Industriezugehörigkeit
Der Grossteil der befragten Unternehmen sind
Industrieunternehmen (46%) gefolgt vom Baugewerbe (12%) und der
Energieversorgung (10%) - (Abbildung 2). Drei Viertel der Unternehmen hatten im
Geschäftsjahr 2008 eine Bilanzsumme zwischen CHF 10 Millionen und CHF 100
Millionen. 18% der Unternehmen wiesen eine Bilanzsumme von weniger als CHF 10
Millionen aus (Anhang Abbildung 4).
51% der Unternehmen besitzen einen Fremdkapitalanteil zwischen
0% und 30%, während dessen 30% einen Fremdkapitalanteil zwischen 40% und
60% haben (Abbildung 3). Der durchschnittliche Fremdkapitalanteil aller
Unternehmen liegt bei ca. 40%. Das Fremdkapital über alle Unternehmen
setzt sich zu je ca. 25% aus kurz- respektive langfristigem Fremdkapital
zusammen (Durchschnitt). Hypothekarschulden machen über die gesamte
Stichprobe gesehen 18% des Fremdkapitals aus, Anleihen und hybride
Finanzierungsformen kommen praktisch nicht vor (Anhang Abbildung 5).
Abbildung 3: Fremdkapitalanteile der Unternehmen
(IST)
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Anteil Unternehmen
51%
30%
20%
FK-Anteil
0% - 30% 40% - 60% 70% - 100%
Fast 70% der Unternehmen schätzen die
Unternehmensprofitabilität als vergleichsweise hoch ein, weisen eine
überdurchschnittliche Wachstumsrate auf (64%) und sehen ein hohes
Wachstumspotential für die Zukunft (60%). Auch sind 59% der Meinung, die
Unternehmensumsätze und -kosten sind gut bis eher gut prognostizierbar.
51% der befragten Unternehmen bezeichnen die Sachanlagen als kapitalintensiv
(Abbildung 4).
Abbildung 4: Einschätzungen der
Unternehmen
4. Ergebnisse
4.1. Kapitalstruktur in Schweizer Unternehmen
Über alle befragten Unternehmen zeigt sich ein gemischtes
Bild, was die Rolle der Kapitalstruktur betrifft. Mehr als die Hälfte der
Unternehmen (52%) betrachtet die Kapitalstruktur als eher unwichtig oder
unwichtig. 33% der befragten Unternehmen stufen die Kapitalstruktur als eher
wichtig ein. Nur gerade 15% der Unternehmen erachten die Rolle der
Kapitalstruktur als wichtig (Abbildung 5). Die durchschnittliche relative
Wichtigkeit über alle Unternehmen beträgt 2.3 (1 = unwichtig / 4 =
wichtig - alle Werte unter 2.5 gelten als eher unwichtig, über 2.5 als
eher wichtig).
Abbildung 5: Die Rolle der Kapitalstruktur
Differenzierter betrachtet zeigt sich, dass kleinere sowie
auch grössere Unternehmen (nach Mitarbeiter) die Rolle der Kapitalstruktur
als eher unwichtig bis unwichtig einstufen (Werte weniger als 2.5 in Anhang
Abbildung 6). Interessanterweise ist die Rolle der Kapitalstruktur für
Unternehmen zwischen 250 und 500 Mitarbeitern am wenigsten wichtig. Dieser
Gruppe gehören 7% der befragten Unternehmen, was keine abschliessenden
Aussagen zulässt. Trotzdem kann gesagt werden, dass die
Unternehmensgrösse nach Mitarbeitern, keine nachweisbare Auswirkung auf
die Wichtigkeit der Kapitalstruktur hat.
Bei Betrachtung der Rolle der Kapitalstruktur nach
Branchenzugehörigkeit, können deutlichere Unterscheidungen
nachgewiesen werden. Die Dienstleistungsunternehmen stufen die Rolle der
Kapitalstruktur deutlich am wichtigsten ein. Mehr als die Hälfte der
Unternehmen aus dem Baugewerbe sowie Handel und Verkauf, beurteilen die
Kapitalstruktur als eher wichtig. Knapp die Hälfte der traditionellen und
Spitzenindustrie ordnen die
Rolle der Kapitalstruktur als eher wichtig ein, wogegen 13%
dieser Gruppe die Kapitalstruktur doch als wichtig empfinden. Am wenigsten
Bedeutung misst die Informations-, Kommunikations- und IT-Branche der Rolle der
Kapitalstruktur bei. Sämtliche Unternehmen stuften die Rolle als unwichtig
ein.
Abbildung 6: Rolle Kapitalstruktur nach
Branche
Ein interessantes Bild zeigt sich bei Betrachtung des
Verschuldungsgrades nach relativer Wichtigkeit der Kapitalstruktur. Mit
zunehmendem Verschuldungsgrad wird die Rolle der Kapitalstruktur wichtiger, die
Wichtigkeit nimmt jedoch interessanterweise bei hohen Verschuldungsgraden
wieder ab.31 Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass der Grenznutzen
von Fremdkapital bei den meisten Unternehmen mit einem Verschuldungsanteil von
40% bis 60% am höchsten ist und bei höheren, resp. tieferen Anteilen
wieder abnimmt. Bei einem Fremdkapitalanteil von 50% knickt die relative
Wichtigkeit ein (Abbildung 7). Eine mögliche Erklärung könnte
sein, dass die Umfrageteilnehmer eine Grobschätzung von 50/50 der
Kapitalstruktur angegeben haben, da sie sich dieser nicht genau bewusst waren.
Dies bestätigt auch die tiefe relative Wichtigkeit. Zu beachten gilt
weiter, dass 92% der Nennungen einen Fremdkapitalanteil unter 80% aufweisen.
Nur 8% der Unternehmen weisen einen Verschuldungsgrad von über 80% aus.
Für hohe Verschuldungsgrade können in dieser Befragung keine
repräsentativen Aussagen gemacht werden. Generell sollten diese Ergebnisse
als erste Indikatoren verstanden werden, welche in folgenden Studien auf einer
breiteren Datenbasis überprüft werden müssten.
31 Relative Zustimmung: 1 = unwichtig / 4 = wichtig - Werte
über 2.5 gelten als eher wichtig, unter 2.5 als eher unwichtig.
Abbildung 7: Relative Wichtigkeit der Kapitalstruktur
nach Anteil Fremdkapital
Etwas mehr als die Hälfte der Unternehmen geben an, dass
sie eine Zielkapitalstruktur besitzen (52%). Mit Zielkapitalstruktur ist der
angestrebte Fremdkapitalanteil im Unternehmen gemeint. Knapp ein Viertel der
Unternehmen (24%), welche eine Zielkapitalstruktur festgelegt haben, streben
einen Fremdkapitalanteil von 40% an. 17% haben eine Zielkapitalstruktur von
60%, 15% eine von 30% (Abbildung 8). Die durchschnittliche Zielkapitalstruktur
liegt bei knapp über 40%. Auffallend ist, dass grössere Unternehmen
mit 100 und mehr Mitarbeitern tendenziell eher eine Zielkapitalstruktur
besitzen als Unternehmen mit weniger Mitarbeitern.
Abbildung 8: Unternehmen mit
Zielkapitalstruktur
Die Rolle der Kapitalstruktur wird bei Unternehmen, welche
eine Zielkapitalstruktur verfolgen, im Vergleich zu Unternehmen ohne
Zielkapitalstruktur, als deutlich wichtiger eingestuft. Je höher der
angestrebte Fremdkapitalanteil im Unternehmen, desto wichtiger wird die Rolle
der Kapitalstruktur beurteilt.
Abbildung 9: Relative Wichtigkeit bei Unternehmen mit
Zielkapitalstruktur
Weiter konnte festgestellt werden, dass Unternehmen
mit hoher Profitabilität, überdurchschnittlichem Wachstum,
hohem Wachstumspotential, gut prognostizierbaren Umsätzen und Kosten sowie
kapitalintensiven Sachanlagen die Rolle der Kapitalstruktur als überdu
rchsch nittlich wichtig einschätzen (durchschn ittl iche Wichtigkeit
über alle U nternehmen liegt bei 2.3).
Abbildung 10: Durchschnittliche Wichtigkeit nach
Unternehmenseigenschaft
4.2. Bestimmungsmethoden
Unternehmen, welche keine Zielkapitalstruktur besitzen und
welche die Rolle der Kapitalstruktur als unwichtig einstufen, wurden nicht zu
den Bestimmungsmethoden und deren Schwierigkeiten befragt. Insgesamt haben 45
Unternehmen die Frage zu den Bestimmungsmethoden beantwortet, was 51% der
Stichprobe entspricht.
Die Trade-off«-Bestimmungsmethode, die Abwägung der
Vor- und Nachteile von Fremd- und Eigenfinanzierung, wurde am häufigsten
genannt (40% der Unternehmen), dicht gefolgt vom Kapitalkostenansatz und der
Verschuldungskapazität (beide 38%). 27% der Unternehmen beachten bei
Finanzierungsentscheidungen die Auswirkungen auf das Unternehmensrating. Die
drei weiteren Bestimmungsmethoden Signalwirkung auf Investoren, die
Vergleichsanalyse sowie das Ausnützen bestimmter Marktkonditionen wurden
noch von 13% - 16% der Unternehmen genannt (Abbildung 11). Die übrigen
Methoden (Return Differential«, Operating Income Approach«, Adjusted
Present Value«) wurden von weniger als 10% der Unternehmen genannt und
werden in der Abbildung nicht mehr aufgeführt.
Abbildung 11: Bestimmungsmethoden (Mehrfachnennungen
möglich)
Wenn die Bestimmungsmethoden dem Verschuldungsgrad der
Unternehmen gegenübergestellt werden, zeigt sich ein ähnliches Bild
wie in der gesamten Stichprobe. Es kann nicht gesagt werden, dass höher
verschuldete Unternehmen eine Bestimmungsmethode häufiger anwenden, als
weniger verschuldete Unternehmen.
Es scheint, dass Unternehmen diejenigen Bestimmungsmethoden
wählen, welche am wenigsten Schwierigkeiten bereiten. Knapp 50% der
Unternehmen gaben an, im Bestimmungsprozess der Zielkapitalstruktur keine
Schwierigkeiten zu haben. Probleme bereiten für rund 30% der Unternehmen
die langfristige Planung, während dem rund 18% keinen Zugang zu
Konkurrenzinformationen haben. 13% der Unternehmen gaben an, den
Kapitalkostensatz (WACC) nicht zu kennen (Abbildung 12).
Abbildung 12: Schwierigkeiten bei der Bestimmung der
Zielkapitalstruktur
39% der Unternehmen überprüfen die Kapitalstruktur
quartalsweise, 19% jährlich (Anhang Abbildung 7). Neben der
regelmässigen Überprüfung führen am ehesten
Kreditverhandlungen mit der Bank sowie Investitionen in Projekte und
Anlagevermögen zu einer Kontrolle der Kapitalstruktur.
4.3. Bestimmungsfaktoren der Kapitalstruktur
Bei der Analyse der Bestimmungsfaktoren ergibt sich ein
deutliches Bild. Als wichtigsten Determinanten wurde - wie in vergleichbaren
Studien - die finanzielle Flexibilität genannt (relative Wichtigkeit 3.6).
Etwas abgeschlagen, aber dennoch als eher wichtig empfunden, werden die
Faktoren Kreditrating bei Banken«, Vertrauensförderung durch kleinen
Fremdkapitalanteil« (beide 2.8) sowie Schwankungen der
Zahlungsströme« (2.7) - (Abbildung 13). Eher unwichtig genannt wurden
Ausnutzen von abziehbaren Fremdkapitalzinsen« (2.0), Transaktionskosten
bei Aufnahme Fremdkapital« (1.9) und Disziplinierung des Managements«
(1.9). Das Schlusslicht - und somit als unwichtig befunden - bilden die
Einflussfaktoren Fremdkapitalanteil vergleichbarer Unternehmen«,
Reduzierung einer Übernahmemöglichkeit« und Neuaufnahme
Fremdkapital als Signal an Konkurrenz«, welche alle grösstenteils als
unwichtig eingestuft wurden.
Abbildung 13: Relative Wichtigkeit der
Bestimmungsfaktoren
Interessant ist die Betrachtung der Aussagen über die
Fremdfinanzierung. Die meisten Unternehmen ziehen
Fremdfinanzierungsmöglichkeiten erst in Betracht, wenn alle
Möglichkeiten der Innenfinanzierung ausgeschöpft sind (relative
Zustimmung 2.9)32. Auch kann eine verhältnismässig starke
Meidung von Fremdkapital unter den Befragten Firmen ausgemacht werden (2.7).
Hingegen wird eine Erhöhung des Eigenkapitals eher nicht als letzte
Finanzierungsmöglichkeit angesehen (2.3). Erstaunlich ist die Aussage
eines grösseren Teils der befragten Unternehmen, dass Fremdkapital
nicht günstiger ist als Eigenkapital (2.3). Dies widerspricht den
Ansätzen der modernen Finanztheorie.
Am wenigsten Zustimmung erzielten die Aussagen, dass
Fremdkapital zur Reduktion des Gesamtkostensatzes verwendet wird (1.9) und dass
der Fremdkapitalanteil hauptsächlich durch die Bank bestimmt wird (1.4) -
(Abbildung 14).
Abbildung 14: Relative Zustimmung
Fremdfinanzierung
32 Relative Zustimmung: 1 = trifft nicht zu / 4 = trifft zu -
Werte über 2.5 gelten als eher zustimmend, unter 2.5 als eher
ablehnend.
Aussagen zur Eigenfinanzierung erzielten generell eine
höhere Zustimmung als zur Fremdfinanzierung. Die Mehrzahl der Befragten
Unternehmen behalten die Unternehmensgewinne zurück zur Finanzierung von
neuen Projekten (3.2). Zudem sind die Eigenkapitalkosten für die Mehrheit
bekannt und werden laufend berücksichtigt (2.7) - (Abbildung 15).
Abbildung 15: Relative Zustimmung
Eigenfinanzierung
Konsistent mit der Pecking Order« Theorie werden die
operativen Cash Flows zurückbehalten, um zukünftige
Investitionsopportunitäten ausnützen zu können. Die angestrebte
Innenfinanzierung erlaubt den Unternehmen eine gewisse finanzielle
Flexibilität zu wahren.
5. Konklusion
Aus der Unternehmensbefragung von mittelständischen
Schweizer Unternehmen können verschiedene wichtige Schlussfolgerungen
gezogen werden. Es kann kein theoretischer Ansatz eindeutig belegt werden,
jedoch wurden für unterschiedliche Erklärungsmodelle Indikatoren
vorgefunden.
Mehr als die Hälfte der befragten Unternehmen betrachten
die Rolle der Kapitalstruktur als eher unwichtig. Diese Aussage ist insofern
erstaunlich, als das Thema Kapitalstruktur eines der am ausführlichsten
untersuchten Themengebiete der Corporate Finance« darstellt. In
zahlreichen wissenschaftlichen Studien wurden Untersuchungen von
börsenkotierten Unternehmen vorgenommen, in welchen verschiedene
Einflussfaktoren der Kapitalstruktur sowie deren Auswirkungen auf den
Unternehmenswert untersucht wurden. Diese Studie liefert deutliche Hinweise,
dass für einen Grossteil der nicht-kotierten kleineren und mittleren
Unternehmen (KMU) der Kapitalstruktur nicht dieselbe Bedeutung zukommt. Dies
ist verständlich, da bei nicht-kotierten Unternehmen, die Auswirkungen der
Finanzierungsentscheide auf den Unternehmenswert nur schwierig nachgewiesen
werden können. Zudem verfügen KMU über deutlich weniger
Ressourcen im Bereich des Finanzwesens, welches oftmals nur auf rechtliche
Anforderungen ausgerichtet ist.
Trotzdem - wie in vergleichbaren Studien von kotierten
Unternehmen - kommt der Wahrung der finanziellen Flexibilität die
höchste Priorität bei der Festlegung der Kapitalstruktur von KMU zu.
Dies entspricht auch den grundsätzlichen Anforderungen von KMU, welche
sich durch Flexibilität, Innovation und Agilität auf den
Weltmärkten auszeichnen. Es stehen weniger wertsteigernde
Überlegungen im Vordergrund. Vielmehr wird die Kapitalstruktur von
geldnahen Einflussfaktoren beeinflusst, wie die Auswirkungen auf das
Kreditrating und als Folge daraus auf den zu entrichtenden
Fremdkapitalzinssatz, auf subjektive Einschätzungen, wie die Auswirkungen
auf Vertrauensbeziehungen zu Anspruchsgruppen (Kunden und Lieferanten) sowie
auf Sicherheitsansprüche, welche das Überleben der Unternehmung
langfristig sicherstellen sollen.
Die Studie konnte weiter aufzeigen, dass KMU Fremdkapital
gegenüber eher abgeneigt sind. Dieses stellt eine zusätzliche
Verpflichtung dar, welche in den Augen der KMU als Einschränkung der
unternehmerischen Freiheiten aufgefasst wird. Fremdkapital steht sozusagen im
Widerspruch zu den oben aufgeführten Ansprüchen wie
Flexibilität, Vertrauen und Sicherheit. Die Fremdverschuldung wird
grundsätzlich gemieden und als fast notwendiges Übel angesehen, wenn
die Finanzierungsmöglichkeiten aus eigenen Mitteln nicht ausreichen um
anstehende Investitionen zu tätigen. In der Wahrnehmung von
zahlreichen KMU scheint Fremdkapital tatsächlich teurer
zu sein als Eigenkapital, da dem Fremdkapitalzinssatz weitere schwer
quantifizierbare Kosten für weniger Flexibilität, Vertrauen und
Sicherheit angerech net werden.
Eine weitere interessante Erkenntnis zeigte sich
bezüglich dem Verschuldungsgrad der Unternehmen nach relativer Wichtigkeit
der Kapitalstruktur. Mit zunehmendem Verschuldungsgrad wird die Rolle der
Kapitalstruktur wichtiger, die Wichtigkeit nimmt jedoch interessanterweise bei
hohen Verschuldungsgraden wieder ab. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass
der Grenznutzen von Fremdkapital bei den meisten Unternehmen mit einem
Verschuldungsanteil von 40% bis 60% am höchsten ist und bei höheren,
resp. tieferen Anteilen wieder abnimmt.
Bei Betrachtung der Rolle der Kapitalstruktur nach
Branchenzugehörigkeit können deutliche Unterschiede nachgewiesen
werden. Die Dienstleistungsunternehmen stufen die Rolle der Kapitalstruktur
deutlich am wichtigsten ein. Dies könnte damit begründet werden, dass
Führungs- und Fachkräfte oftmals eine betriebswirtschaftliche
Ausbildung geniessen konnten, in welcher sie auf die Rolle der Kapitalstruktur
sensibilisiert wurden.
Weiter bestätigte sich, dass Unternehmen mit
hoher Profitabilität, überdurchschnittlichem Wachstum, hohem
Wachstumspotential, gut prognostizierbaren Umsätzen und Kosten sowie
kapitalintensiven Sachanlagen die Rolle der Kapitalstruktur als
überdurchschnittlich wichtig einschätzen. Diese Feststellung deckt
sich mit vergangenen Studien.33
Wie eingangs erwähnt lässt sich zwar eine
einheitliche Methode zur Bestimmung der Kapitalstruktur nicht feststellen,
jedoch deuten einige Aussagen der Befragten Unternehmen darauf hin, dass
ansatzweise Ideen der Pecking Order« Theorie angewendet werden. Da sich
die Befragung an mittelständische, nicht börsenkotierten Unternehmen
richtet, fällt die in der Pecking Order« Theorie hervorgehobene
Informationsasymmetrie zwischen Investoren/Management und Signalwirkung bei
Aufnahme von Eigenkapital kaum ins Gewicht. Fremdkapital wird teurer als
Eigenkapital eingestuft und deshalb wohl als externe Finanzierungsquelle
weniger bevorzugt, sollten die selbst erwirtschafteten Mittel nicht
ausreichen.
33 Vgl. Titman und Wessels (1988)
6. Literaturverzeichnis
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Kapitel 6.6.5
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Methoden und Probleme. 2. Aufl., Stuttgart (2007).
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Risk/Financial Risk Matrix Expanded (27. May 2009)
http://www.hslu.ch/ifz_forschungsprojekt_kapitalstrukturentscheide_kmu-2.pdf
7. Anhang
7.1. Auswertung der Unternehmensbefragung
Anhang Abbildung 1: Funktion der
Befragungsteilnehmer
Anhang Abbildung 2: Rechtsform
Anhang Abbildung 3: Grösse der befragten Unternehmen
(nach Mitarbeiter)
Anhang Abbildung 4: Grösse der befragten Unternehmen
(Bilanzsumme)
Anhang Abbildung 5: Durchschnittliche Aufteilung des
Fremdkapitals
Anhang Abbildung 6: Wichtigkeit* der Kapitalstruktur nach
Unternehmensgrösse (Mitarbeiter)
* 1 = unwichtig bis 4 = wichtig / Werte unter 2.5 gelten als eher
unwichtig, über 2.5 als eher wichtig
Kapitalstrukturen in Schweizer Unternehmen 18.09.2009 42/47
Anhang Abbildung 7: Überprüfung der
Kapitalstruktur
3.0
2.0
4.0
2.7 2.7 2.7 2.62.5
1.0
Anhang Abbildung 8: Eigenschaften des
Unternehmens
7.2. Fragebogen
Kapitalstrukturen in Schweizer Unternehmen 18.09.2009 45/47
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