2.4. Empirische Untersuchungen
Verglichen mit der umfangreichen wissenschaftlichen Literatur
über die verschiedenen theoretischen Ansätze der Kapitalstruktur,
wurden diese Modelle ebenso umfangreich empirisch getestet. Die meisten
Publikationen basieren jedoch auf Daten von kotierten G rossu nternehmen.
Für die Literaturaufbereitu ng konnte keine wissenschaftliche Studie
gefunden werden, welche mittelständische nicht-kotierte Unternehmen mit
einbezieht. Nachfolgend eine Zusammenstellung der für diese Arbeit am
relevantesten Publikationen.
11 vgl. Brigham E. F. & Houston J. F ( 2007)
2.4.1. Internationale Untersuchungen
Die meisten empirischen Untersuchungen der Determinanten der
Kapitalstruktur von Unternehmen wurden in einem angelsächsischen Umfeld
ausgeführt. Zwei Publikationen, Titman und Wessels mit US-amerikanischen
Daten und Rajan und Zingales mit internationalen Daten der G7 Ländern,
dokumentierten, dass die Kapitalstruktur mit firmenspezifischen Eigenschaften
wie Profitabilität, I nvestitionsmöglichkeiten, das Verhältnis
von Sachanlagen zu Total Aktiven (tangibility«) sowie die Volatilität
der Einkünfte in Beziehung steht.12 Jedoch sind die Ergebnisse
im Ländervergleich sehr unterschiedlich und die Korrelationen der
untersuchten Einflussfaktoren können stark variieren. Die statischen
Kapitalstrukturmodelle vermögen die dynamischen Anpassungen der
Kapitalstruktur von Unternehmen nur begrenzt zu erklären.
In einer aktuellen Befragung von amerikanischen Firmen,
konnten die Autoren Graham und Harvey sehr wohl feststellen, dass Unternehmen
eine Zielkapitalstruktur verfolgen. Dieses Ergebnis wäre in Einklang mit
der statischen Trade-off«-Theorie. Jedoch aufgrund von zufälligen
Ereignissen oder anderen Veränderungen weichen die Unternehmen
vorübergehend von der Zielkapitalstruktur ab und nähern sich nur
schrittweise wieder dieser an.13 Bancel und Mittoo bedienten sich
der gleichen Methodik und haben die Bestimmungsfaktoren der Kapitalstruktur von
europäischen Unternehmen untersucht.14 Die Autoren befragten
die Finanzchefs von über 700 börsenkotierter europäischen
Unternehmen aus 17 Ländern mittels standardisiertem Fragebogen. Die
Autoren kamen zu vergleichbaren Ergebnissen wie ihre amerikanischen Kollegen.
Als einflussreichsten Bestimmungsfaktor der Kapitalstruktur eruierten sie die
finanzielle Flexibilität. Dieses Ergebnis ist in Einklang mit der im
vorangehenden Abschnitt beschriebenen Opportunitätenfenster-Theorie.
Weiter haben die Autoren festgestellt, dass die Auswirkungen von
Finanzierungsentscheidungen auf die Jahresrechnung ebenfalls einen starken
Einfluss ausüben. Das Management ist besorgt über eine
Verwässerung des Gewinnanteils pro Aktie (EPS). Ebenso wurden das
Kreditrating und die Zielkaptialstruktur als wichtig genannt. Auch wichtig,
aber mit deutlich weniger Einfluss auf die Kapitalstruktur wurde der gewichtete
Kapitalkostensatz (WACC) und der Steuervorteil von Fremdkapital genannt.
Interessanterweise scheinen sich Manager eher an externen Faktoren zu
orientieren.
12 vgl. Titman und Wessels (1988) / Rajan und Zingales (1995)
13 vgl. Graham und Harvey (2001)
14 vgl. Bancel und Mittoo (2004)
Zu einem ähnlichen Schluss mittels vergleichbarer
Methodik kommen auch Drobetz, Pensa et al., welche die Determinanten der
Kapitalstruktur von deutschen, österreichischen und schweizerischen
Unternehmen untersuchten .15
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