Kapitel 5: KONTRASTIVE ANALYSE: BENIN VS. DEUTSCHLAND
5.1 Gemeinsamkeiten
und Unterschiede im Emoji-Gebrauch
Sowohl junge Béninois als auch Deutsche verwenden
Emojis häufig in ihrer digitalen Kommunikation. In beiden Korpora zeigen
die Antworten (Frage 7), dass mehr als die Hälfte der täglichen
Nachrichten Emojis enthalten, wobei die Mehrheit der Befragten angibt, nur die
Emojis zu nutzen, die auf ihrem Smartphone bereits vorinstalliert sind. Die
primäre Funktion der Emojis ist in beiden Kulturen ähnlich: Sie
dienen dem Ausdruck von Emotionen wie Freude, Traurigkeit oder Humor (Frage
10). Dennoch zeigen sich Unterschiede in der begrifflichen Unterscheidung: In
Benin werden Begriffe wie Emoji«, Emoticon« oder Symbol« oft
gleichbedeutend verwendet, während deutsche Jugendliche eine
präzisere Trennung zwischen Emoji« (grafisch) und Emoticon«
(zeichengestützt) vornehmen (Fragen 5 und 6).
5.2 Interkulturelle
Missverständnisse und Interpretationsprobleme
Trotz ihrer scheinbaren Universalität können Emojis
auch zu Missverständnissen führen. In beiden Kontexten berichten
Jugendliche über Schwierigkeiten bei der Interpretation bestimmter Emojis
(Frage 11). In Benin liegt dies häufig an unklarer Symbolkenntnis oder
fehlender Emoji-Kompetenz, sodass manchmal Dritte zu Rate gezogen werden
müssen (Frage 12). In Deutschland hingegen verweisen die Befragten eher
auf subjektive Interpretationsrahmen, die stark vom sozialen Kontext und der
Beziehung zur Kommunikationspartnerin/zum Kommunikationspartner abhängen.
Diese Diskrepanz verdeutlicht die potenziellen Risiken einer unreflektierten
Verwendung von Emojis in interkulturellen Kommunikationssituationen.
5.3 Einfluss
kultureller Normen auf digitale Ausdrucksformen
Die Begründungen zur Frage 9 (ob Emojis wichtig sind)
zeigen deutliche kulturelle Unterschiede im Verständnis digitaler
Ausdrucksformen. In Benin wird betont, dass Emojis helfen, Gefühle visuell
zu vermitteln, die Kommunikation zu vereinfachen und sie lebendiger zu
gestalten. Die Nutzung wird als effizient und alltagstauglich empfunden. In
Deutschland hingegen liegt der Fokus eher auf der Kompensation nonverbaler
Elemente wie Mimik oder Tonfall, die in der Schriftkommunikation fehlen. Diese
Perspektive deutet auf eine eher metakommunikative Herangehensweise in
Deutschland und eine pragmatisch-visuelle Nutzung in Benin hin.
5.4 Bedeutung von
Emojis in der digitalen Kommunikation: Kontrastive Analyse der Antworten zur
Frage 14
Die Antworten auf Frage 14Welche
Bedeutung bzw. welche Rolle spielen Emojis in der digitalen
Kommunikation?«ermöglichen eine vertiefte Analyse kulturell
geprägter Kommunikationsmuster. Die qualitativen Aussagen der Jugendlichen
aus Benin und Deutschland zeigen, dass Emojis in beiden Kontexten als
nützlich betrachtet werden, jedoch mit unterschiedlichen
Zielsetzungen und semantischen Funktionen.Für viele
Jugendliche aus Benin sind Emojis zentrale
Ausdrucksträger, die Emotionen, Stimmung und persönliche
Haltung unmittelbar übermitteln. Aussagen wie ça donne du
goût à la conversation«, on peut s'exprimer sans trop
écrire« oder les emojis sont parfois bien désignés
pour transmettre des émotions« zeigen, dass Emojis als eine Art
nonverbales Sprachäquivalent verstanden werden. Sie
erfüllen eine kompensatorische Funktion in der
schriftlichen Kommunikation, da sie Gestik, Mimik und Intonation ersetzen.
Diese Nutzung steht im Einklang mit einer kontextreichen,
affektorientierten Kommunikationskultur (vgl. Hall, 1976).Im Gegensatz
dazu sehen deutsche Jugendliche Emojis primär als
funktionale Ergänzungen: Sie sollen helfen, die Absicht
des Senders klarzustellen, emotionale Nuancen auszudrücken oder
Missverständnisse zu vermeiden. Aussagen wie Emojis machen die
Kommunikation fließend und verständlich«, Sie helfen, die
Bedeutung zu klären« oder Mit Emojis kann man die Absicht der
Nachricht hervorheben« verdeutlichen eine explizite, kontrollierte
Kommunikationsweise, in der Klarheit und Struktur Vorrang haben (vgl.
Hofstede, 2001).Die folgende Tabelle fasst die Antworten der Teilnehmenden auf
die Frage 14 zusammen und hebt die kulturellen Unterschiede in der Wahrnehmung
und Nutzung von Emojis hervor.
Analysierter Aspekt
|
Junge Béniner:innen
|
Junge Deutsche
|
Hauptfunktion des Emojis
|
Direktes Ausdrucksmittel, ersetzt manchmal den Text
|
Funktionale Ergänzung zur Klärung
|
Kommunikative Funktion
|
Spontane Emotion, Ausdruckskraft, Zeitersparnis
|
Präzision, Vermeidung von Mehrdeutigkeiten, kontrollierte
Emotion
|
Beispielhafte Antworten
|
Ça donne du goût«, On gagne du
temps«
|
Das macht die Nachricht klarer«, Man versteht besser, was
gemeint ist«
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Semiotische Lesart (Peirce)
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Emoji = Ikon + Index ? signalisiert ein erlebtes
Gefühl
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Emoji = funktionales Symbol ? kodiert eine Absicht
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Implizites Kulturverständnis
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Emoji ersetzt oder verstärkt die verbale Sprache
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Emoji begleitet und nuanciert die verbale Sprache
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Dominante pragmatische Nutzung
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Affektive und intuitive Kommunikation
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Analytische und bewusste Kommunikation
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