Tab3: Bedeutung von Emojis
in der digitalen Kommunikation: Kontrastive Analyse der Antworten zur Frage
14.
5.5 Analyse: Das
Emoji als visuelles Todeszeichen in der interkulturellen Kommunikation (Benin
vs. Deutschland)
In der beninischen Alltagskommunikation insbesondere auf
WhatsApp hat sich das Emoji zu einem sozial kodierten Zeichen für Tod, Trauer und
Katastrophen entwickelt. Es fungiert als visueller
Todesbote und ersetzt textliche Formulierungen in der Mitteilung
tragischer Ereignisse. Im Sinne Peirces ist ein ikonischer, indexikalischer und symbolischer
Signifikant: Es stellt visuell das Weinen dar (Ikon), verweist auf ein
tragisches Geschehen (Index) und ist kulturell als Todeszeichen etabliert
(Symbol). Wenn dieses Emoji über dem Bild einer Person erscheint, wird es
kollektiv als Mitteilung eines Todesfalls interpretiert auch
sprachunabhängig. Es aktiviert illokutionäre
Sprechakte im Sinne Searles und erfüllt expressive, appellative
und phatische Funktionen. In hochkontextuellen Kulturen wie Benin (vgl. Hall
1976) dient der emotionalen Kollektivierung von Schmerz, dem Aufbau
sozialer Nähe und digitaler Trauerrituale. Im Gegensatz dazu sind in
Deutschland einer niedrigkontextuellen, individualistischen Kultur (vgl.
Hofstede 2010) derartige visuelle Zeichen im Kontext von Tod seltener. Dort
gelten Symbole wie ?? oder sowie sprachlich formelle Ausdrücke als angemessen. Die Nutzung von
in Todeskontexten könnte in Deutschland als kindlich, unernst oder
überemotional gedeutet werden. Diese kontrastive Analyse zeigt, wie ein
einziges Emoji kulturell unterschiedlich gerahmt wird und
zugleich als translinguales Kommunikationsmittel in
globalisierten digitalen Räumen fungiert.
5.6 Sprach und
kulturbedingte Emoji-Präferenzen



Die Auswahl und der Einsatz von Emojis sind ebenfalls
kulturell geprägt. Jugendliche aus Benin bevorzugen ausdrucksstarke und
bildhafte Emojis (z.?B. ), während deutsche Jugendliche häufiger
auch klassische textbasierte Emoticons wie :-) oder ;P verwenden, was auf einen
hybriden Stil zwischen alt und neu hinweist. In humorvollen Kontexten (Tu
blagues ?« Wenn du Witze machst?«) greifen Béninois gerne zu
??, ?? oder , während Deutsche häufiger ??, ?? oder ?? nutzen. Diese
Unterschiede spiegeln sowohl sprachlich-kulturelle Prägungen als auch
schulische
5.7 Diskussion
Die Ergebnisse dieser Untersuchung bestätigen die
zentrale Rolle von Emojis in der digitalen Kommunikation junger Menschen aus
Benin und Deutschland, zeigen jedoch auch deutliche Unterschiede in Bezug auf
Gebrauch, Funktion und Interpretation. Diese Unterschiede lassen sich durch
sprachliche, kulturelle und pragmatische Faktoren erklären: Während
Jugendliche aus Benin Emojis hauptsächlich als direkte emotionale
Ausdrucksmittel einsetzen, bevorzugen deutsche Jugendliche einen
kontextabhängigen, nuancierteren Einsatz. Im Lichte der semiotischen
Kategorien von Peirce (Ikon, Index, Symbol) und interkultureller Pragmatik
erweisen sich Emojis nicht nur als emotionale Marker, sondern als soziale und
kommunikative Zeichen, deren Bedeutung kulturspezifisch kodiert ist. Trotz der
Aussagekraft der Ergebnisse weist die Studie gewisse Einschränkungen auf:
Die begrenzte Stichprobengröße, die auf Selbstauskünften
beruhenden Daten und das Fehlen authentischer Kommunikationssituationen
schränken die Generalisierbarkeit ein. Diese Grenzen relativieren jedoch
nicht die Relevanz der Erkenntnisse, sondern eröffnen Perspektiven
für zukünftige Forschung zur diachronen Emoji-Entwicklung, zur
Anwendung in realen Gesprächskontexten und zur Rolle von Emojis im
Sprachunterricht und interkulturellen Austausch.
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